Hess.
Rundfunk:
Karl-Heinz Send sprach
mit Pfr. Herbert Leuninger, dem Referenten
für kirchliche Ausländerarbeit
im Bistum Limburg. Der aktuelle Anlaß
dieses Gesprächs war die Übergabe
von Wohnungen an Ausländer, die aus
kirchlichen Mitteln finanziert wurden.
Hess.
Rundfunk:
58 Ausländerwohnungen, ein Bauprogramm,
daß gerade eben in Limburg fertiggestellt
worden ist. Herr Pfr. Leuninger, 58 Wohnungen,
das ist natürlich nur ein Tropfen auf den
heißen Stein, wenn ich das so sagen darf.
Leuninger:
Es ist sicher nur ein bescheidener Beitrag, den
das Bistum Limburg für dieses Problem leisten
kann. Wichtig daran ist nicht nur die Tatsache,
daß die Diözese damit versucht, den
Ausländern auch neuerstellten Wohnraum zur
Verfügung zu stellen, und nicht nur alte
Häuser und Baracken, sondern auch die Tatsache,
daß damit die Forderung der Kirche unterstrichen
wird, den Ausländern genügend Wohnraum
zur Verfügung zu stellen.
Hess.
Rundfunk:
Dieser Wohnraum, der Altbau und der Neubau, ist
noch viel zu teuer, insbesondere gerade für
Ausländer.
Leuninger:
Ich habe mich dieser Tage noch mit Deutschen
unterhalten, die Einsicht in die Verhältnisse
haben, und die davon sprechen konnten, daß
Mieten ‚wo für den qm DM 10, bezahlt werden,
tatsächlich keine Seltenheit sind.
Hess.
Rundfunk:
10 Mark und zum Teil sogar bis zu 30 Mark! Herr
Pfr. Leuninger, können Sie hier eingreifen?
Leuninger:
Direkt können wir hier nicht eingreifen.
Wir könnten aber die Gemeinden dazu anhalten,
daß sie konkrete Fälle des Mietwuchers
aufgreifen. Das hat dieser Tage bei der Einweihung
des neuerbauten Hauses in Limburg Weihbischof
Kampe noch eigens unterstrichen.
Hess.
Rundfunk:
Wie groß ist eigentlich der Ausländeranteil
innerhalb der Diözese Limburg?
Leuninger:
Es ist sehr schwer, genaue Zahlen anzugeben.
Aber durch Hochrechnungen, die wir angestellt
haben, glauben wir, eine Zahl von 120 000 angeben
zu können. Das sind etwa 10 - 12 % der gesamten
Katholiken des Bistums Limburg.
Hess.
Rundfunk:
Wo sehen Sie die wesentlichen Probleme, Herr
Pfr. Leuninger, innerhalb Ihres Arbeitsbereiches?
Leuninger:
Es gibt zwei Probleme. Das eine Problem besteht
darin, daß den Ausländern und zwar
auch den ausländischen Priestern und Sozialarbeitern,
die entsprechenden Möglichkeiten geboten
werden, um ihre Arbeit fruchtbringend leisten
zu können. Es muß weiterhin sichergestellt
werden, daß die ausländischen Katholiken
mit ihren Einrichtungen den deutschen Gemeinden
gleichgestellt werden, und daß sie sich
als vollwertige Partner innerhalb der deutschen
Kirche fühlen.
Hess.
Rundfunk:
ich glaube, davon sind wir noch ein ganzes Stück
weg, Herr Pfr. Leuninger. Wenn man so die einzelnen
Sprecher der ausländischen Missionen hört,
dann wird immer wieder die Klage laut über
Überheblichkeit gegenüber den ausländischen
Minderheiten seitens vieler deutscher katholischer
Kirchenfunktionäre. Stimmt das?
Leuninger:
Ich sehe es als eine wichtige Aufgabe an, den
Ausländern das Gefühl zu nehmen, daß
sie als zweitrangig angesehen werden. Ich möchte
versuchen, sie bei allen Entscheidungsprozessen
mit einzubeziehen. Ein erster Schritt dazu ist
sicher die Bildung von Beiräten, die den
deutschen Pfarrgemeinderäten gleichgestellt
werden.
Hess.
Rundfunk:
Wichtig scheint mir unter anderem auch die Zurverfiigungstellung
von Gemeindesälen und nicht nur von Kirchenräumen.
Leuninger:
Das Raumproblem ist differenziert zu betrachten.
Zweifellos stehen den Ausländern ohne weiteres
Kirchenräume zur Verfügung. Aber sehr
schwierig wird es bereits, wenn es darum geht,
regelmäßig und ständig über
Räume in deutschen Gemeindehäusern
zu verfügen.
Hess.
Rundfunk:
Aber sie zahlen döch ihre Kirchensteuern?
Leuninger:
Ja, und deswegen muß auch alles unternommen
werden, daß sie, wenn sie nicht in
deutschen Räumen aufgenommen werden,
eigene Räumlichkeiten bekommen. Wenn
ihnen eigene Raume geboten werden, dann
nicht zuletzt deswegen, damit sie sich
dort. heimisch fühlen und auch selbst
über die Gestaltung des Programms
bestimmen können.
Hess.
Rundfunk:
Lassen Sie mich zum Abschluß noch
fragen, Herr Pfr. Leuninger, wo sind in
aller nächster Zukunft die wichtigsten
Aufgaben?
Leuninger:
Die wichtigste Aufgabe sehe ich darin, zu verhindern,
daß gesellschaftspolitisch die Integration
der Ausländer in Deutschland gestoppt und
zum Rotationsprinzip übergegangen wird.
Hess.
Rundfunk:
Glauben Sie, daß hier der etwas schwerfällige
Kirchenapparat mitziehen wird?
Leuninger:
Ich gebe hier der Kirche gewisse Chancen, vor
allem dann, wenn sich die Sensibilität für
diese Fragen auf der Ebene der Gemeinden verstärkt.
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