Herbert Leuninger

ARCHIV KIRCHE
1977

Stellungnahme
zum Bericht über die Beratungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Fortentwicklung einer umfassenden Konzeption der Ausländerbeschäftigungspolitik

KONFERENZ DER CARITASVERBÄNDE HESSEN

                                                                Limburg, den 3. Februar 1977

Nach Abstimmung mit der Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Hessen Nord e.V. und der Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Hessen-Süd e.V. geben wir folgende Stellungnahme ab:

  • Wir stellen zu dem Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe fest, daß dieser in entscheidenden Grundpositionen und Zielvorstellungen nicht der von uns mitgetragenen Entschließung des Hessischen Landesausschusses zur sozialen Integration der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen vom 15. September 1976 spricht.
  • Wir weisen daher diesen Bericht als Grundlage für die Konzeption einer künftigen Ausländerpolitik zurück.
  • Wir ersuchen den Hessischen Landesausschuß, die Hessische Landesregierung aufzufordern, sich noch entschiedener für eine einheitliche, widerspruchsfreie, realistische und solidarische Ausländerpolitik, sowie für eine baldige Entscheidung hierüber einzusetzen.
  • Wir betrachten die Bundesrepublik als ein Land, in das im Laufe einer langjährigen Ausländerbeschäftigung ein großer Teil der jetzigen nichtdeutschen Arbeiterbevölkerung faktisch oder potentiell eingewandert ist.
  • Wir lehnen es ab, die nichtdeutsche Bevölkerung weiterhin als manipulierbar zu erachten und ihr das Angebot einer vollen Eingliederung in unsere Gesellschaft vorzuenthalten.
  • Wir verweisen auf die Entschließung des Landeausschusses, die wir als Basis einer von Hessen. vertretbaren Ausländerpolitik betrachten und deren wichtigste Maximen und Forderungen wir nachstehend nochmals aufführen:

    1.) "Gerade in dieser Situation die von Arbeitslosigkeit, stagnierender Wirtschaft und einer tiefen Rezession, mit allen schwierigen sozialen Problemen für deutsche und ausländische Bürger in diesem Lande gekennzeichnet war oder in Teilbereichen noch ist, sollte dir Landesregierung sich verpflichtet fühlen, wie für alle anderen unterprivilegierten Schichten der Bevölkerung, sich insbesondere der Sorgen und Nöte der ausländischen Mitbürger anzunehmen."

    "Deshalb wird die Landesregierung aufgefordert, den Weg zur sozialer. Integration unbeirrt fortzusetzen und die Integrationswilligkeit und –fähigkeit zu fördern."(S.4)

    "Aufgrund des Zusammenwachsens der deutschen und ausländischen Wohnbevölkerung sieht der Hessische Landesausschuß keine andere Alternative." (S.5)

    2.) "Ausländische Arbeitnehmer sollen hier bei Wahrung der sozialen und rechtlichen Möglichkeiten zugleich verantwortliche Entscheidungen treffen können, wie lange sie in der Bundesrepublik Deutschland bleiben wollen."(S.10)

    3.) "Die existentielle Absicherung von Arbeitsplatz und Aufenthaltsstatus sind angestrebte Ziele der sozialen Integration."(S.10)

    4.) "Nach fünfjährigem ununterbrochenen Aufenthalt soll der an der sozialen Integration interessierte Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Aufenthaltserlaubnis und eine unbefristete Arbeitserlaubnis erteilt werden." (S.7)

    5.) "In bestehende Arbeitsverhältnisse darf nicht durch administrative Maßnahmen eingegriffen werden." (S.7)

    6.) "Auf der Grundlage des Rechts eines jeden Arbeitnehmers, mit seiner Familie zusammenzuleben, fordert der Hessische Landesausschuß, auch weiterhin die Familienzusammenführung zu fördern."(S.8)

    7.) "Der weitere Ausbau der Infrastruktur in Ballungsgebieten ist das wirksamste Gegengewicht gegen einen Druck in Richtung einer erzwungenen Rückwanderungspolitik."(S.10)

    8,) "Die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer soll ein. Bestandteil nationaler und internationaler Strukturpolitik sein."(S.9)

i.A.
    Herbert Leuninger