Herbert Leuninger

ARCHIV MIGRATION
1979

Doch Saisonarbeiter in der Bundesrepublik

Interview im Hessischen Rundfunk am 2. August 1979, veröffentlicht als Pressemeldung im "Informationsdienst - Nachrichten aus dem Bistum Limburg" VOM 14. August 1979

Limburg. Jugoslawische Touristen dürfen beim Besuch ihrer Verwandten in der Bundesrepublik Deutschland 3 Monate ohne Arbeitserlaubnis arbeiten, wie das Bundesarbeitsministerium bestätigt hat. Bonn schaffe mit dieser Regelung einen neuen Typ des jederzeit verfügbaren und abschiebbaren Arbeiters, erklärte Pfarrer Herbert Leuninger, Ausländerreferent des Bischöflichen Ordinariates Limburg,

Leuninger bezog sich damit auf die Ausweitung einer im Rahmen der Polenverträge getroffenen Vereinbarung, die es Besuchern aus Osteuropa gestattet, in der Bundesrepublik Deutschland ohne Erlaubnis Arbeit aufzunehmen. Für die Ausweitung auf Jugoslawien spielten wohl weniger humanitäre als arbeitsmarktpolitische Gründe eine Rolle. In bestimmten Gebieten der Bundesrepublik Deutschland würden ganz offensichtlich Erntearbeiter zum Spargelstechen und Obstpflücken benötigt.

Pfarrer Leuninger bezeichnete dies als eine verdeckte Form der Saisonarbeit, die an die Zeit vor dem 1. Weltkrieg erinnere, als man in Deutschland Polen bei den Erntearbeiten einsetzte. Er machte auf die Gefahr aufmerksam, dass solche Arbeitnehmer bei niedrigem Lohn und schwerer Arbeit ausgenützt würden.

Leuninger: „Jene sind dann demnächst Schlepper und ungewollte Vermittler besonderer Familientreffen zur Erntezeit". Darüber hinaus könne nicht ausgeschlossen werden, dass viele dieser Arbeiter auf Dauer in der Bundesrepublik Deutschland zu bleiben versuchten, woran sie aber gesetzlich gehindert würden. Staatlicherseits werde auf diese Weise eine Grauzone zwischen Legalität und Illegalität konstruiert.

s.a. Saisonarbeit