Herbert Leuninger

ARCHIV MIGRATION
1984

GEMEINSAME ERKLÄRUNG VON KIRCHE UND GEWERKSCHAFT ZUM EHEGATTEN-NACHZUG
anläßlich der gemeinsamen Eröffnungsveranstaltung zur "Woche der ausländischen Mitbürger" am 23.9.1984 in Frankfurt/M.

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Berlin, wonach es rechtens ist, daß das Land Baden-Württemberg Ehepartnern ausländischer Arbeitnehmer frühestens nach 3 Jahren den Nachzug gestattet, steht im Gegensatz zu grundsätzlichen Vorstellungen von Kirchen und Gewerkschaften.

Ist dabei bedacht, welche fatale Situation entstanden ist, wenn diese Sonderregelung für Ausländer bei entsprechender Anwendung auf deutsche Ehepaare als Scheidungsgrund gilt, weil nach dreijähriger Trennung das Scheitern einer Ehe unwiderlegbar vermutet wird? Wird ausländischen Ehen eine andere Qualität zugewiesen als deutschen Ehen?

Der Hinweis des Gerichts, in diesem Zeitraum könnten die Ehepartner prüfen, ob sie die Ehe im Heimatstaat führen wollen, kann eine indirekte Abdrängung von Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in der Bundesrepublik haben und vielleicht sogar hier geboren sind, bedeuten.

Das Urteil wird vor allem damit begründet, daß das durch den Familiennachzug verursachte Anwachsen des Ausländeranteils an der Bevölkerung schwer zu lösende wirtschaftliche, soziale und integrationspolitische Schwierigkeiten schaffe. Dies entspricht nach den neuesten Zahlen längst nicht mehr der Realität, bedeutet im letzten aber die Rechtfertigung einer Politik, die ökonomischen Interessen den Vorrang vor Menschenrechten gibt.

Dies können Kirchen und Gewerkschaften nicht akzeptieren.

Sie fordern, vor allem für die geplante Ausländergesetzgebung, daß Ausländer, die ihren Lebensmittelpunkt in der Bundesrepublik haben, auch ohne solche lange Fristen mit ihren Ehepartnern in der Bundesrepublik zusammenleben können, wie dies bereits in Hessen praktiziert wird.


GEWERKSCHAFT

 

DGB-Bundesvorstand

Karl-Heinz Goebels
Abt. Ausländische Arbeitnehmer

 

IG Metall

Ferdinand Koob,
Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes

 

DGB-Landesbezirk Hessen

Jochen Richert,
Vorsitzender

KIRCHE

Pax Christi,
deutsche Sektion der Internationalen Katholischen Friedensbewegung

Dr. Ansgar Koschel,
Generalsekretär

 

Evgl. Kirche in
Kurhessen-Waldeck

Reinhardt Hering,
Oberkirchenrat

 

 

Evgl. Kirche in
Hessen und Nassau

Hans-Martin Heusel,
Oberkirchenrat

 

 

Diakonisches Werk in
Hessen und Nassau

Heinz Günther Gasche, Pfr., Hauptgeschäftsführer

 

 

Bischöfl.Ordinariat
Mainz

Hermann Mayer,
Ordinariatsrat

 

 

Bischöfl.Ordinariat
Limburg

Herbert Leuninger,
Pfarrer