Es ist Zeit aufzustehen.....
Zur Demonstration, 20. April 2002, Saarbrücken
Demonstration für einen Abschiebestopp und Bleiberecht
Es ist Zeit!
Viele reagieren entsetzt und werden aktiv, wenn die saarländische
Landesbehörde ausländische Flüchtlinge ausweist, oder rigoros
oder gar brutal in einer Nacht und NebelAktion abschiebt. Unterstützende
von Kirchen und Verbänden aber auch Privatleute wie z. B. Nachbarn
verfassen dann Presseberichte, sammeln Unterschriften, organisieren
Gespräche und diskutieren mit Politikern. Doch nach kurzer Zeit
ebben die Aktivitäten ab, dann versanden sie komplett. “Vermeintlich
Unabänderliches” wird akzeptiert, es kehrt Ruhe ein!
Bis zum nächsten Skandal!
Es ist Zeit!
Zeit, dagegen Signale zu setzen und gemeinsam zu protestieren.
Die brutalen Abschiebungen der Familien Özdemir in Wadern und
Kaplan in Beckingen oder des Hüseyin Yalzin in Lebach zeigen deutlich:
Bürgerinnen und Bürger müssen sich saarlandweit zusammen schließen
und gegen die Strategie der Landesbehörden vorgehen.
Nur nach “Recht und Gesetz” abzuschieben und keine
humanitäre Rücksicht zu nehmen - das ist ein Skandal! Und dies
muss lautstark und beharrlich in die Öffentlichkeit getragen und
angeklagt werden. Zehn bis fünfzehn Jahre lang hier lebende Flüchtlinge
abzuschieben, steckt dahinter nicht ein parteiübergreifender Wille
zur Ausgrenzung dieser Menschen?
Peter Müller präsentiert sich in der Ausländerpolitik auf Bundesebene
gerne als liberal, offen und tolerant, im Saarland betreibt er
eine rigorose Abschiebepolitik. Der saarländische Erlass vom Dezember
1999 dokumentiert dies: Jedes Bundesland hat einen eigenen, großen
Spielraum in der so genannten Altfallregelung. Der saarländische
Ermessensspielraum ist gegenüber einigen anderen Bundesländern
sehr eng gefasst. Zum Beispiel fallen Flüchtlinge nicht mehr unter
die Altfallregelung und sind zur Abschiebung frei gegeben, sobald
sie wegen exilpolitischer Aktivitäten mehr als einen Asyl-Nachfolgeantrag
gestellt haben. Was einst ihr Recht gewesen ist, richtet die Landesregierung
nun gegen sie.
Die Alternative zur Ausgrenzung ist ein Bleiberecht!
Es ist Zeit!
Zeit, die Würde des Menschen nicht mehr länger vom Kontostand
und von PC-Kenntnissen abhängig zu machen. Haben diejenigen, die
der deutschen Wirtschaft keinen Nutzen bringen auch kein Recht
auf elementare Menschenrechte? Die aktuelle Greencard-Regelung
ist ein Beispiel dafür. Ein weiteres Beispiel: “ Politisches
Betätigungsverbot für Flüchtlinge” fordert der saarländische
Ministerpräsident Peter Müller gemeinsam mit Edmund Stoiber -
dies seit Februar 2001. Ist das nicht Standortrassismus aus der
Mitte der Gesellschaft heraus?
261 Flüchtlinge kamen zwischen 1993 und 2001 in Deutschland durch
staatliche Maßnahmen ums Leben (Abschiebehaft, bei Abschiebungen,
an der Ostgrenze usw.). Durch rassistische Übergriffe starben
im gleichen Zeitraum 69 Flüchtlinge (zitiert nach Dokumentation
der „Antirassistische Initiative Berlin", 26.1.2002). Die
“Festung Europa” ist tödliche Realität.
Es ist Zeit, Mauern abzutragen und Brücken zu bauen.
Es ist Zeit!
Zeit, endlich die Flucht-Ursachen zu beseitigen und nicht die
Flüchtlinge
zu bekämpfen. Auch die ökologische, soziale, wirtschaftliche Politik
der Bundesrepublik Deutschland bewirkt, dass Menschen ihre Heimat
verlassen müssen. So dienten zum Beispiel der Verkauf von Panzern
und anderen Waffen an die Türkei dazu, dass der türkische Staat
kurdische Menschen verfolgen und Krieg gegen sie führen konnte.
Auch setzt sich die Bundesrepublik Deutschland in ärmeren Ländern
für neoliberale Wirtschaftsmodelle ein. Folge - die Armut wächst,
Menschen flüchten wegen Hunger und wirtschaftlicher Ausweglosigkeit.
Deshalb setzen wir uns ein:
- Änderung der Altfallregelung (und Neuüberprüfung aller bisher
negativ beschiedenen Anträge)
- Für einen Abschiebestopp (für alle unter die Altfallregelung
fallenden Flüchtlinge)
- Bleiberecht - statt Ausweisung
- Flucht-Ursachen beseitigen - nicht Flüchtlinge bekämpfen
- Für eine Härtefallregelung im Ausländerrecht (- deshalb für
eine bundespolitische Initiative der Landesregierung)