Herbert Leuninger ARCHIV ASYL

Presserklärungen 1989


31.12.1989
Am Ende des Jahrzehnts:
„Heilige Kuh" Asyl"
nur noch Haut und Knochen

18.12.1989
WEIHNACHTSAPPELL VON PRO ASYL
„DEM KIND IN DER KRIPPE NICHT DAS STROH UNTERM HINTERN WEGZIEHEN!"

10.12.1989
WER ZU SPÄTH KOMMT;
DEN BESTRAFT DAS LEBEN !

5.12.1989
Schwäbisch-Bayrischer Kuhhandel

29.11.1989
Karlsruher Asylurteil:
Aufbauspritze für Grundrecht

17.11.1989
EINLADUNG
BEGRÜSSUNGSGELD FÜR ASYLBEWERBER

10.11.1989
Christlich-Soziale Schauermär:
Wohnungsnot Asylbewerbern angelastet

9.11.1989
SPD: AUSLÄNDRGESETZE
DER BESSERE ENTWURF

8. 11. 1989
Öffentliche Anhörung und Beratung der Grünen
zur geplanten Novellierung des Ausländergesetzes

28.9.1989
30.9.1989
TAG DES FLÜCHTLINGS
„Die Würde des Menschen ist verletzbar"

8.9.1989
Vom CDU-Bundesparteitag erwartet:
Ein Fünkchen mehr Verfassungstreue!
Ein Quentchen mehr Christlichkeit!

25.8.1989
Den Dreck kehren, wo sie nicht wohnen dürfen
Zwangsarbeit für Flüchtlinge in Baden-Württemberg

9.8.1989
Erziehungsgeld für de-facto-Flüchtlinge

7.8.1989
Asylverfahren beschleunigen o h n e
Rechtsstaat zu bremsen

31.7.1989
HUNDE JA, FLÜCHTLINGE NEIN
ASYLBEWERBER AUS WOHNGEBIETEN AUSGESPERRT

18.7.1989
Sommertheater auf dem Rücken der Flüchtlinge beenden!

2.7.1989
AKTION GEGEN SPRACHHETZE:
„Flüchtling" statt „Asylant"

25.6.1989
Ernteeinsatz keine Therapie
Arbeitsverbot für Flüchtlinge generell aufheben!

23.6.1989
Betr.: Weisung der Berliner Senatsverwaltung für Inneres über „Die Neuregelung der aufenthaltsrechtlichen Situation von ehemaligen Asylantragstellern und von Ausländern ohne Rückkehrmöglichkeit"
MAßSTÄBE EINER NEUEN FLÜCHTLINGSPOLITIK!

24.4.1989
SCHÄUBLES ERSTER STREICH:
Anschlag auf Verfassung

13.4.1989
Aufatmen für Flüchtlinge?
PRO ASYL über Ressortwechsel Zimmermanns erleichtert

5.4.1989
Gemeinsame Presseerklärung
von terre des hommes Deutschland und PRO ASYL
Visapflicht für Kinder - Mauer gegen Unmündige

10.2.1989
An die Leitungen der Evangelischen und Katholischen Kirche In Hessen
Betr.: Glockenläuten zum Schutz der Flüchtlinge

31.1.1989
AUFRUF über die Medien
An alle Führenden und in der Öffentlichkeit bekannten
Persönlichkeiten
Aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur
Aus den Kirchen, Gewerkschaften, Humanitären Organisationen,
Medien, Verbänden und Sportbünden.
Aus dem Geistesleben und dem Erziehungsbereich.

27.1.1989
EUROPA - FLUCHTBURG STATT FESTUNG


31.12.1989

Am Ende des Jahrzehnts:
„Heilige Kuh" Asyl"
nur noch Haut und Knochen

„In den letzten zehn Jahren ist eine heilige Kuh unseres Grundgesetzes, das Asylrecht, durch Rechtsverweigerung bis zum Skelett abgemagert", erklärt Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL, zum Jahreswechsel. Er verweist dabei auf die regierungsamtlichen Zahlen, wonach nur mehr fünf Prozent der Asylbewerber anerkannt würden. „Das hat mit dem Grundgesetz und der Genfer Flüchtlingskonvention kaum noch etwas zu tun", so der Sprecher von PRO ASYL. Wenn das neue Jahrzehnt keinen Sinneswandel bringe, drohe mit einer Änderung des Grundgesetzes sogar die Notschlachtung dieses Prunkstücks unserer Verfassung. Politiker könnten versucht sein dafür bei den Wahlen auch noch eine Abschlachtprämie zu kassieren.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe habe zum Jahreswechsel zwei Grundsatzurteile zum Asylanspruch von Tamilen aus Sri Lanka und von Jeziden aus der Türkei veröffentlicht, die die Wende einleiten könnten. Unzählige abgelehnte Asylanträge müssten neu verhandelt werden. Dies werde der heiligen Kuh Asyl zwar noch kein fettes Jahrzehnt bescheren, aber vielleicht ihr Hinsiechen beenden.

„Die letzte Dekade im Jahrhundert des Flüchtlings verlangt eine nationale Anstrengung für die Wahrung des Asylrechts und die großzügige Aufnahme von Flüchtlingen aus den Krisen- und Kriegsgebieten der Welt", sagt PRO ASYL -Sprecher Herbert Leuninger. Die Bundsrepublik habe im letzten Jahr bewiesen, dass sie zu außerordentlichen humanitären, wirtschaftlichen und politischen Leistungen bereit sei, wenn sie sich auf ihre unverzichtbaren Aufgaben besinne.


18.12.1989

WEIHNACHTSAPPELL VON PRO ASYL
„DEM KIND IN DER KRIPPE NICHT DAS STROH UNTERM HINTERN WEGZIEHEN!"

„Ein Flüchtlingskind hat kein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenen verantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit". Das ist in der Einschätzung der Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL der Inhalt des von der Bundesregierung geplanten „Gesetzes zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechtes".

Das Gesetz, bei dem der Bundesrat in einer ersten Stellungnahme an dem fraglichen Punkt Bedenken angemeldet habe, solle anfangs des neuen Jahres vom Bundestag in erster Lesung beraten werden.

Obwohl der Gesetzesentwurf in § 1 dieses Recht auf Förderung seiner Persönlichkeit jedem jungen Menschen einräume, nehme er dieses Recht und die damit verbundenen Leistungen der öffentlichen Hand im § 5 allen Ausländern, die keine Aufenthaltserlaubnis oder eine Aufenthaltsberechtigung besäßen. „Dies trifft besonders auf zehn Tausende Kinder von Flüchtlingen zu, die über Jahre im Asylverfahren stehen oder nach Ablehnung ihres Asylantrags – ohne ausreisen zu müssen – nur eine Duldung erhalten", urteilt PRO ASYL- Sprecher Herbert Leuninger.

Das sei nicht nur ein eklatanter Widerspruch zum § 1 des Gesetzentwurfes und dem Anspruch eines sozialen Rechtsstaates, sondern stelle auch eine Verletzung der Genfer Flüchtlingskonvention dar. Danach ist Flüchtlingen auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge und sonstiger Hilfeleistungen die gleiche Behandlung wie den eigenen Staatsangehörigen zu gewähren (GFK Art. 13).

„Politiker, die ein solches Gesetz machen, werden auch nicht davor zurückschrecken, dem Kind in der Krippe noch das Stroh unterm Hintern wegzuziehen", so Herbert Leuninger.


10.12.1989

WER ZU SPÄTH KOMMT;
DEN BESTRAFT DAS LEBEN !

„Wer zu Späth kommt, den bestraft das Leben!" Mit diesem abgewandelten Gorbatschow-Spruch warnt die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL die SPD vor noch weitergehender Annäherung an die Asylpolitik des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth. Die im Zusammenhang mit der heutigen Asyldebatte im Bundesrat vorgebrachten Abgrenzungen von der CDU/CSU reichten bei weitem nicht aus, um die gerade auch von vielen SPD-Mitgliedern getragene Solidaritätsbewegung mit Flüchtlingen zu beruhigen und die durch die bisherige Asyldebatte ramponierte Glaubwürdigkeit der SPD wiederherzustellen.

„Es steht mittlerweile sogar mehr auf dem Spiel als die verfassungswidrige Einschränkung des Grundrechts auf Asyl in Art. 16 und die Rechtsweggarantie in Art. 19", so PRO ASYL-Sprecher Herbert Leuninger. Die auch von der SPD in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland mitgetragenen oder geforderten Maßnahmen, die den Flüchtlingen das Leben in der Bundesrepublik zur Hölle machen sollten, seien geeignet, den Art.1 des Grundgesetzes, der die Wahrung der Menschenwürde verlangt, außer kraft setzen.

So sei der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) mit seinem Maßnahmenkatalog vom August nur noch in einem Punkt von Späth zu unterscheiden gewesen, wo es nämlich um die von diesem im Bundesrat eingebrachte Gesetzesvorlage zur drastischen Kürzung der Sozialhilfe für Asylbewerber geht. Nachdem Nordrhein-Westfalen die Versorgung der Asylbewerber mit Naturalien statt mit Bargeld beschlossen habe, sei es nur noch ein Schritt bis zur Kürzung der Sozialhilfe. Damit werde das Fundament des Bundessozialhilfegesetzes untergraben, das jedem Empfänger der Sozialhilfe die Führung eines Lebens, das der Würde des Menschen entspricht, ermöglichen soll.

„Gekürzte Sozialhilfe aber ist eine Deklassierung von Menschen unter das Niveau, das in der Bundesrepublik als zur Wahrung der Menschenwürde notwendig angesehen wird", sagte Herbert Leuninger von PRO ASYL.


5.12.1989

Schwäbisch-Bayrischer Kuhhandel

Als „schwäbisch-bayrischer Kuhhandel auf Kosten der Flüchtlinge" bezeichnet Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL, den zwischen der CSU und CDU geschlossenen Kompromiss über das neue Ausländergesetz. Ein Entwurf, der bei der massiven Kritik von Kirchen und Verbänden schleunigst vom Tisch hätte verschwinden müssen, werde - mit weiteren Verschlechterungen versehen – in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht.

Die FDP stehe nun „wie der Ochs vorm Berg", nachdem sie auch der jetzigen Verschlechterung des Entwurfs zugestimmt habe, verliere sie ihr letztes Stückchen Liberalität. „Hirsch und Frau Funke werden mit ihrem ganzen bisherigen Ansehen einem nicht nur faulen, sondern inhumanen Kompromiss geopfert", so Herbert Leuninger.

(Stellungnahme für epd)


29.11.1989

Karlsruher Asylurteil:
Aufbauspritze für Grundrecht

Als „Aufbauspritze für ein dahinsiechendes Grundrecht" bezeichnet Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL, das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Asylrecht. Darin bewerte das oberste Verfassungsgericht Verfolgungsfeldzüge und Terrormaßnahmen von totalitären Staaten für die Asylanerkennung wesentlich anders als die vom Bundesverwaltungsgericht geprägte Rechtssprechung. Diese hatte in einer für jeden Laien unbegreiflichen Logik dazu geführt, dass Menschen, die vom Staat gefoltert oder ins Gefängnis geworfen worden waren, kein politisches Asyl erhielten, weil es sich hierbei um Maßnahmen im Rahmen eines Bürgerkrieges gehandelt habe.

Diese Auslegung sei mitverantwortlich für einen Rückgang der Anerkennungsquote und die Diffamierung vieler Asylbewerber als Wirtschaftsflüchtlinge gewesen.

„Die weit fortgeschrittene Auszehrung des Asylrechts ist mit dem Karlsruher Urteil vorerst gestoppt", sagt Herbert Leuninger von PRO ASYL. Mehr Asylbewerber als bisher dürften jetzt auf ihre Anerkennung hoffen. Es wäre jetzt an der Zeit, nicht nur Urteile, in denen juristische Kapriolen geschlagen wurden, zu revidieren, sondern auch die zwielichtige Rolle des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten zu durchleuchten. Dieser habe in der Vergangenheit, gerade auf dem Hintergrund der Berliner Rechtssprechung, Tausende Widersprüche gegen Anerkennungsbescheide aus Zirndorf eingelegt. „Damit ist er einer der Hauptverantwortlichen für die unzumutbare Verlängerung der Asylverfahren" so Leuninger. Dies sei umso absurder, als er dem Bundesinnenminister gegenüber weisungsgebunden sei und dieser in der Vergangenheit nichts intensiver betrieben habe als die Verkürzung der Asylverfahren.


17.11.1989

EINLADUNG
BEGRÜSSUNGSGELD FÜR ASYLBEWERBER

Veranstalter:
PRO ASYL
Basisgemeinde Frankfurt

Ort:
Flughafenkapelle, Terminal B
Empore auf der Abflugebene, danach vor Tor 3

Termin:
Sonntag, 19. November 1989
11.00 Ökumenischer Gottesdienst
12.00 Vorbereitung auf Aktion in der Kapelle
danach Begrüßung vor Tor 3
Fototermin vorgesehen.

Kontakt:
tel. Peter Roche 069 684771
Am Sonntag am Flughafen:
Frau Christine Krahl u. Pfr. Herbert Leuninger

PRESSEERKLÄRUNG

Am Sonntag, den 19. November 1989 hießen Frankfurter Christen die auf dem Rhein-Main Flughafen eintreffenden Flüchtlinge herzlich willkommen. Sie überreichten jedem Asylbewerber DM 100,-- Begrüßungsgeld.

Mit dieser von PRO ASYL unterstützten Geste wollten sie auf die Not der Menschen hinweisen, die bei uns vor Verfolgung Zuflucht suchen.

Über die Freude wegen der Öffnung der innerdeutschen Grenze dürfe das Grundrecht auf Asyl und das Gastrecht des verfolgten Fremden nicht aus dem Blick geraten. Nach wie vor müssten die Opfer von Regimen, die Freiheit und das Recht auf Selbstbestimmung unterdrücken, in unserem Land freundliche Aufnahme finden.

Die Begrüßung der Asylbewerber schloss an einen ökumenischen Gottesdienst an, der von der Basisgemeinde Frankfurt und der evangelischen Flughafenseelsorge gestaltet worden war.


10.11.1989

Christlich-Soziale Schauermär:
Wohnungsnot Asylbewerbern angelastet

Einen Realitätsverlust mit verheerenden Folgen für wehrlose Menschen sieht die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL in den Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten Max Streibl (CSU), die Asylbewerber seien schuld am Wohnraummangel in der Bundsrepublik. „Asylbewerber werden zwangsweise in Wohnheimen und Unterkünften untergebracht und sind damit keine Konkurrenten auf dem zusammengebrochenen Wohnungsmarkt", sagt PRO ASYL-Sprecher Herbert Leuninger. Sie trügen nicht im geringsten die Verantwortung dafür, dass der soziale Wohnungsbau zum Erliegen gekommen sei und die Volkszählung noch vor der neuen Einwanderung aus Osteuropa und der DDR eine Million fehlender Wohnungen festgestellt habe. Wenn Bayerns Ministerpräsident angesichts des Kommens von einer halben oder vielleicht ganzen Million von Übersiedlern und Aussiedlern, die Wohnungen suchten, die Flüchtlinge für fehlenden Wohnraum verantwortlich mache, lenke er politisches Versagen auf die derzeit schwächste Minderheit ab. „Streibl macht die Flüchtlinge zu den Sündenböcken des Jahres 1989", sagt Herbert Leuninger von PRO ASYL. Damit steigere er den in gewissen Teilen der Bevölkerung vorhandenen Hass auf Asylbewerber und ziehe die Verantwortung für alle zu befürchtenden Angriffe gegen Flüchtlingswohnheime auf sich.

Nürnberger Nachrichten vom 9.11.1989
Bayerns Regierungschef zur Wohnungsnot
Streibl: ASYLANTEN AN PROBLEMEN SCHULD
„Die meisten reisen aus wirtschaftlichen Gründen ein" – Gesetzesregelung verlangt

München (rtr) – Nicht die DDR-Flüchtlinge sind nach Ansicht von Bayerns Ministerpräsident Max Streibl (CSU) an den wachsenden Problemen auf dem Wohnungsmarkt schuld, sondern die „nach wie vor ungebrochene Asylantenwelle".

Angesichts des steigenden Bedarfs an Unterkünften für Übersiedler aus der DDR forderte Streibl alle Bonner Parteien auf, erneut über die Asylgesetzgebung nachzudenken. Die große Masse der Asylbewerber reise aus rein wirtschaftlichen Gründen in die Bundesrepublik ein. Die DDR-Flüchtlinge, wie die Bundesbürger „tüchtige und fleißige Menschen wollten hingegen Selbstbestimmung.

„Wir in der Bundesrepublik Deutschland müssen erkennen, dass der wichtigste Grund für die gegenwärtig zunehmenden Probleme im Wohnungsmarkt nicht primär in der Zahl unserer Neubürger aus der DDR begründet ist", erklärte Streibl. Hauptursache sei vielmehr die Asylantenwelle. Dabei würden „nur sehr wenige dieser Asylbewerber von den Gerichten als echte politisch Verfolgte anerkannt werden", während die meisten aus wirtschaftlichen Gründen kämen.


9.11.1989

SPD: AUSLÄNDRGESETZE
DER BESSERE ENTWURF

„Der heute von der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegte Gesetzesentwurf eines Bundesausländergesetzes ist die bessere Grundlage für ein neues Ausländergesetz", sagt Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL in einer ersten Stellungnahme.

Besondere Bedeutung haben für PRO ASYL die Absicht der SPD

  • Flüchtlingen, die aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen nicht ausreisen müssen, einen gesicherten Aufenthaltsstatus einzuräumen,
  • den Ausweisungsschutz zu verbessern und
  • die politische Betätigung von Ausländern an den Rechten für Deutsche auszurichten.

Schäubles Abwehrgesetz lasse sich mit diesem SPD-Entwurf nicht harmonisieren. „Da helfen auch nicht die in den letzten Tagen in Schäubles Schreibstube eingearbeiteten über 300 Veränderungen", so Herbert Leuninger.


8. 11. 1989

Öffentliche Anhörung und Beratung der Grünen
zur geplanten Novellierung des Ausländergesetzes

Der Entwurf des neuen Ausländergesetzes fügt sich in die grundgesetz- und völkerrechtswidrige Asylpolitik der Bundesregierung ein. Er setzt den äußerst restriktiven Rahmen für die Anerkennung im Asylverfahren voraus. Ebenfalls vorausgesetzt wird das Abschreckungskonzept mit Visapflicht und -verweigerung, Arbeitsverbot, Lagerunterbringung, Beschränkung der Freizügigkeit, Fremdversorgung, reduzierter Sozial- und Krankenhilfe und der Rechtswegverkürzung. Bis auf eine bescheidene Verbesserung des Aufenthaltsrechts für de-facto-Flüchtlinge werden bereits bestehende Rechtsverweigerungen festgeschrieben und weitere rechtliche Verschlechterungen hinzugefügt.

Die Wiedereinführung der Genfer Flüchtlingskonvention in das Asylverfahren ist nicht vorgesehen. Damit bleibt eine bedeutende Anzahl von Flüchtlingen nach wie vor aus dem normalen Asylrecht ausgegrenzt.

Es handelt sich nach UNHCR um de-jure –Flüchtlinge ohne die Rechte der Genfer Flüchtlingskonvention.

PRO ASYL schließt sich der Beurteilung des Vertreters des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen in Bonn an. Dieser wirft dem Gesetzesentwurf nicht nur die Missachtung der Genfer Flüchtlingskonvention vor, sondern auch rechtsstaatliche Verstöße, unzumutbare Härten und das Zurückbleiben hinter völkerrechtlichen Mindeststandards. Zentrale Forderungen des UNHCR bleiben unberücksichtigt.

Dies alles steht in einem scharfen Kontrast zu der beispiellosen Weise, mit der die Bundesregierung ihre großzügig ausgelegten grundgesetzlichen Verpflichtungen gegenüber Aussiedlern aus Osteuropa und Übersiedlern aus der DDR nachzukommen trachtet. Dabei sind die Verpflichtungen aus dem Grundgesetz und Völkerrecht gegenüber Flüchtlingen aus den Kriegs- und Krisengebieten der Welt von nicht minderem Rang.

In Solidarität mit den Flüchtlingen, die bereits in der Bundesrepublik sind, mit den Flüchtlingen, die daran gehindert wurden und werden in die Bundesrepublik zu kommen und den Flüchtlingen, die noch in die Bundesrepublik gelangen, versagt PRO ASYL diesem Gesetzesentwurf jeglichen Konsens und fordert alle grundgesetz- und völkerrechtstreuen Bürgerinnen und Bürger auf, sich diesem Votum stellvertretend für die stimmlosen Flüchtlinge anzuschließen.


9.10.1989

Der Entwurf des neuen Ausländergesetzes
Innen- und Sportminister Schäuble und der Hürdenlauf eines Flüchtlings

„Mannshohe, Zimmermanns-hohe, unübersteigbare Hürden für Flüchtlinge hat Innen- und Sportminister Schäuble in seinem Entwurf zum neuen Ausländergesetz errichtet," so urteilt PRO ASYL in einer ersten Analyse. Während sich die Öffentlichkeit mit der von Schäuble angeregten eventuellen Lockerung des Arbeitsverbotes für de-facto-Flüchtlinge befaßt, lässt er still und leise festschreiben, was bei Vorgänger Zimmermann bereits zur Abschottung gegen Flüchtlinge aus der Schublade ragte.

Das Visum

Sollte es einem Flüchtling gelingen, in seinem Land die bewachte Botschaft der Bundesrepublik zu erreichen, um ein Visum zu beantragen, ist ihm die Ablehnung seines Antrags so gut wie sicher.Die Versagung bedarf keiner Begründung und keiner Rechtsbehelfsbelehrung, sie bedarf nicht einmal der Schriftform (§ 67).

Ein Widerspruch ist ausgeschlossen (§68). Der Beamte teilt es dem Antragsteller am Schalter einfach mündlich mit, basta. Auf eine Diskussion lässt er sich nicht ein. Wir sind schließlich keine Bananenrepublik!

Auch die Kinder bis 16 benötigen jetzt ein Visum.

Die Fluggastkontrolle

Hat der Flüchtling wenigstens 10.000 DM (pro Person), versucht er eine Fluchthilfeorganisation einzuschalten. Sie besorgt ihm alles, was er für den Flug in die Bundesrepublik benötigt. Die Fluggesellschaft darf ihn eigentlich nur befördern, wenn er einen Pass und ein Visum hat. Eine Fluggesellschaft, die sich nicht daran hält, wird pro Person mit DM 2.000 bestraft. Die Fluggesellschaften können verpflichtet werden, die Pässe der Fluggäste vor Beginn der Reise einzusammeln, um sie bei der Ankunft dem Bundesgrenzschutz vorzulegen (§ 75).

Wird ein Flüchtling vom Bundesgrenzschutz zurückgewiesen, weil er z.B. nach dessen Einschätzung über einen Drittstaat eingereist ist, in dem er vor Verfolgung sicher war, muss ihn die Fluggesellschaft unverzüglich außer Landes bringen. Diese Verpflichtung besteht drei Jahre lang für Flüchtlinge, die ohne gültige Reisepapiere eingereist sind, einen Asylantrag gestellt haben, aber schließlich doch ausgewiesen werden. (§ 75).

Die Aufenthaltsgestattung

Es ist dem Flüchtling gelungen einen Asylantrag zu stellen. Er erhält eine Aufenthaltsgestattung mit Arbeits- und Reiseverbot und einer verordneten Unterbringung im Sammellager mit Gemeinschaftsverpflegung. Nach jahrelangem, zermürbendem Warten werden 90% rechtskräftig abgelehnt und zur Ausreise aufgefordert.

Die Duldung

Nun wird eine Duldung erteilt, solange die Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist. Sie kann erteilt werden, wenn dringende oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen die vorübergehende weitere Anwesenheit erfordern (§ 54). Durch die Duldung wird die Abschiebung zeitweise ausgesetzt. Die Ausreisepflicht bleibt unberührt (§ 53).

Die Aufenthaltsbefugnis

Einem Flüchtling darf nach einem Jahr der Duldung eine Aufenthaltsbefugnis erteilt werden, wenn seiner Ausreise oder Abschiebung Hindernisse entgegenstehen, die er nicht zu vertreten hat oder ein Dritter sich für acht Jahre verpflichtet, die Kosten für den Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu tragen

(§ 28 ). Die Aufenthaltsbefugnis kann für jeweils längstens ein Jahr erteilt und verlängert werden ( § 32 ).

Die unbefristete Aufenthaltserlaubnis

Einem Ausländer, der seit sechs Jahren eine Aufenthaltsbefugnis besitzt, kann eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt werden ( § 33 ), wenn er u.a.

  • die besondere Arbeitserlaubnis besitzt.

(Die besondere Arbeitserlaubnis wird erteilt, wenn der Arbeitnehmer in den letzten acht Jahren vor Beginn der Geltungsdauer der Arbeitserlaubnis fünf Jahre rechtmäßig eine unselbständige Tätigkeit ausgeübt hat. Die Erlaubnis hierzu bekommt er nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und nachrangig zu EG-Ausländern und diesen gleichgestellten Ausländern.)

  • über ausreichenden Wohnraum für sich und seine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen verfügt.
  • sein Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert ist.

Der Hürdenplan

  •  4 Jahre (ca.) Verfahrensdauer mit Aufenthaltsgestattung.
  •  1 Jahr Duldung als Aussetzung der Abschiebung
  •  6 Jahre Aufenthaltsbefugnis mit jährlicher Prüfung, ob das Rückführungshindernis noch besteht ( § 32).

11 Jahre Ungewissheit und Unsicherheit

  • Nach 11 Jahren theoretisch die unbefristete Aufenthaltserlaubnis.
Deren Erteilung ist an Bedingungen wie Arbeit, Arbeitserlaubnis und ausreichende Wohnung geknüpft, die die Mehrheit der de-facto-Flüchtlinge nach menschlichem Ermessen nicht erfüllen kann. Sie werden auf Dauer als Parias ihr Leben in der Bundesrepublik fristen, über ihren Köpfen am Pferdehaar das Damoklesschwert der Abschiebung.

Die Forderung von PRO ASYL:

Ein Ausländergesetz,

  • in dem die Zuflucht von Flüchtlingen nicht durch die Visapflicht vereitelt wird und
  • in dem der Aufenthalt von de-facto-Flüchtlingen ähnlich wie in Berlin geregelt wird:

also eine Aufenthalts- (und Arbeits-)erlaubnis nach fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts in der Bundesrepublik.

Der eiserne Vorhang zur 2. Welt ist inzwischen hochgezogen.
Der eiserne Vorhang zur 3. Welt rasselt herunter, wenn dieses Ausländergesetz verabschiedet wird.


28.9.1989

30.9.1989
TAG DES FLÜCHTLINGS
„Die Würde des Menschen ist verletzbar"

„Die großzügige Aufnahme der Flüchtlinge aus der DDR setzt Maßstäbe für eine humanere Asylpolitik", stellt Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL zum Tag des Flüchtlings fest.

Sie zeige, dass das Boot Bundesrepublik nicht voll ist, wie bis vor einem Jahr noch behauptet wurde. Vielmehr entscheide der politische Wille und die moralische Kraft darüber, ob die Bundesrepublik ihren hohen Verpflichtungen aus dem Grundgesetz allen Flüchtlingen gegenüber nachkommt.

Keinem Politiker würde es einfallen, sagt Herbert Leuninger,

  • DDR-Flüchtlinge davon abzuschrecken in die Bundesrepublik zu kommen,
  • ihnen auf Jahre das Arbeiten zu verbieten,
  • ihre freie Bewegung in der Bundesrepublik einzuschränken,
  • sie als Wirtschaftsflüchtlinge zu brandmarken oder
  • über die innerdeutsche Grenze zurückzuschicken, weil sie kein von Honecker unterschriebenes Verfolgungsdokument vorweisen können.

„Man kann nicht den Flüchtlingen aus der DDR die Grenzen öffnen und sie vor den anderen aus den Kriegs- und Krisengebieten der Welt schließen", so PRO ASYL. „Die Würde des Menschen ist unteilbar!"

Der TAG DES FLÜCHTLINGS wird initiiert von PRO ASYL und dem Ökumenischen Vorbereitungsausschuss für die Woche des ausländischen Mitbürgers in Verbindung mit dem Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) in der Bundesrepublik Deutschland.


8.9.1989

Vom CDU-Bundesparteitag erwartet:
Ein Fünkchen mehr Verfassungstreue!
Ein Quentchen mehr Christlichkeit!

„Ein Fünkchen mehr Verfassungstreue und ein Quentchen mehr Christlichkeit, als im Antrag Nr. 01 des Bundesvorstandes zur Asylpolitik enthalten ist", erwartet PRO ASYL vom CDU-Parteitag in Bremen.

Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL, vermisst beides vor allem an den Stellen des Antrages, wo vorgeschlagen wird

  • das Grundgesetz zu ändern,
  • bestimmte Asylbewerber an den Grenzen zurückzuweisen und
  • Asylbewerber, die dem Arbeitsverbot unterliegen, zu gemeinnütziger Arbeit zu zwingen.

Zwar werde die Überprüfung des Arbeitsverbotes für Asylbewerber erwogen, wenn die Verfahren fühlbar beschleunigt würden; es fehle aber völlig der wichtige Vorschlag, nicht abgelehnten, aber aus rechtlichen und humanitären Gründen geduldeten Asylbewerbern eine Aufenthaltserlaubnis zu geben. „Diese Menschen müssen in der Bundesrepublik als Flüchtlinge ohne Flüchtlingsrechte leben", so Herbert Leuninger.

PRO ASYL fordert vom CDU-Parteitag:

  • Hände weg vom Grundgesetz!
  • Keine Abweisung von Flüchtlingen an der Grenze!
  • Abschaffung des langjährigen Arbeitsverbots!
  • Aufenthaltserlaubnis für de-facto-Flüchtlinge
  • Kein Visumzwang für Kinder

„Wären DDR-Flüchtlinge keine Deutsche, liefen sie Gefahr an der Grenze zur Bundesrepublik zurückgewiesen zu werden, weil sie in Ungarn sicher vor Verfolgung waren", meint Leuninger.

Sie müssten auch damit rechnen, aus der Bundesrepublik wieder in die DDR abgeschoben zu werden, weil sie vielleicht als bloße Wirtschaftsflüchtlinge eingestuft wurden.


25.8.1989

Den Dreck kehren, wo sie nicht wohnen dürfen
Zwangsarbeit für Flüchtlinge in Baden-Württemberg

„Die Planung der Landesregierung von Baden-Württemberg, Asylbewerber als Einkaufshelfer und Treppenkehrer zu verpflichten, ist eine Entwürdigung von Menschen, nur weil sie keine Deutschen sind," so Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL.

Zwar sehe das Sozialhilfegesetz vor, dass Sozialhilfeempfänger zu gemeinnütziger Arbeit herangezogen werden. Gedacht sei dies nach dem Gesetz aber für Hilfesuchende, die keine Arbeit finden könnten oder wieder an Arbeit gewöhnt werden müssten. Den Asylbewerbern sei aber die Aufnahme regulärer Arbeit verboten. Dieses Verbot und der mögliche Entzug oder die Minderung der Sozialhilfe bei Weigerung, gemeinnützige Arbeit zu verrichten, schaffe praktisch einen Arbeitszwang. „Dies widerspricht dem Verbot der Zwangsarbeit aus Artikel 12 II des Grundgesetzes", so Leuninger mit Berufung auf eine frühere Stellungnahme des derzeitigen Richters am Europäischen Gerichtshof Manfred Zuleeg.

Für die Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL, in der sich Experten aus Flüchtlingsräten, Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrts- und Menschenrechtsorganisationen zusammengeschlossen haben, kann es nur um eine Aufhebung des fünfjährigen Arbeitsverbotes gehen, wodurch Menschen, die arbeiten wollten, normal arbeiten könnten.


9.8.1989

Erziehungsgeld für de-facto-Flüchtlinge

„Kriegt keine Kinder im Exil!" Oder: „Flüchtlingsbabies sind minderwertiger!" So übersetzt Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL die Sommerbotschaft des Bundestages, die er mit der Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes an die Nation gerichtet hat.

Nach der jüngsten Gesetzesnovelle sind alle Ausländer vom Anspruch auf Erziehungsgeld ausgeschlossen, die keine Aufenthaltsberechtigung bzw. Aufenthaltserlaubnis besitzen. Dies trifft – Berlin mit seiner humanen Regelung ausgenommen – auf alle sogenannten de-facto-Flüchtlinge zu, die zwar nicht als asylberechtigt anerkannt wurden, aber wegen der Genfer Flüchtlingskonvention oder aus humanitären Gründen nicht in ihre Heimat ausgewiesen werden. Ihr Aufenthalt wird, selbst wenn er sich über Jahre oder voraussichtlich auf Dauer erstreckt, nur geduldet; d.h. der Aufenthalt wird als nicht legal gewertet, von einer Abschiebung wird allerdings abgesehen.

Hintergrund der Gesetzesnovelle, die die Mehrheit der Flüchtlingsfamilien trifft, sind zwei Urteile des Bundessozialgerichtes aus 1987 ( Az 11a REG 2/87 und 3/87), durch die die Versorgungsämter verpflichtet wurden, das auf ein Jahr gewährte Erziehungsgeld u. a. auch abgelehnten Asylbewerbern, die sich seit mindestens einem Jahr in der Bundesrepublik oder in Westberlin aufhalten und deren weiterer Aufenthalt voraussichtliche geduldet wird, zu zahlen. Der darin zum Ausdruck kommende Grundsatz der Gleichbehandlung wurde nun durch die Rechtsänderung wieder außer Kraft gesetzt.

„Diese Aussonderung von Flüchtlingen und ihren Kindern aus dem sozialen Netz ist ebenso unannehmbar wie die Aussonderung aus Wohngebieten", so Herbert Leuninger von PRO ASYL.


7.8.1989

Asylverfahren beschleunigen o h n e
Rechtsstaat zu bremsen

Nicht überzeugt vom „Karlsruher Modell" zeigt sich die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL . Nach ihr vorliegenden Informationen besteht Anlass zur Kritik, weil die Hektik der Abwicklung der Anhörung vor der zentralen Ausländerbehörde und der Nebenstelle des Bundesamtes für die Anerkennung der Flüchtlinge in Karlsruhe dazu führt, dass Asylbewerber

  • ohne ausreichende Vorbereitung und Information die Befragungsprozeduren der Ausländerbehörde und des Bundesamtes durchlaufen,
  • schnell angesetzte Termine verpassen, was die rechtlichen Nachteile mangelnder Mitwirkung nach sich zieht,
  • keine Anwälte und Sozialberater konsultieren können und
  • der ausreichenden Möglichkeit beraubt werden, Rechtsmittel gegen die Ablehnung ihres Antrages oder die Abschiebung einzulegen.

PRO ASYL fordert von den übrigen Länderregierungen, die dabei sind zentrale Ausländerbehörden und Nebenstellen des Bundesamtes für die Anerkennung der Flüchtlinge einzurichten, sich auch über die negativen Begleiterscheinungen in Baden-Württemberg zu informieren und einen Ablauf der Anhörung vorzusehen, der rechtsstaatlich einwandfrei ist und den Asylbewerbern die Chance eines fairen Verfahrens belässt.


31.7.1989

HUNDE JA, FLÜCHTLINGE NEIN
ASYLBEWERBER AUS WOHNGEBIETEN AUSGESPERRT

„Ein Urteil, das sich und die Asylpolitik richtet", das ist nach Auffassung des Sprechers von PRO ASYL die jüngste Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in Mannheim. Danach dürfen keine Wohnungen für Asylbewerber in normalen Wohngebieten errichtet werden. Das Urteil mache die weithin praktizierte Unterbringung der Asylbewerber fernab von Wohnvierteln hoffähig, so Leuninger von der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge, und leiste allen rechtsextremen und fremdenfeindlichen Einstellungen in der Bevölkerung Vorschub. „Ein hohes Gericht macht sich die prinzipielle Diskriminierung und Deklassierung von Menschen zu eigen und begründet damit ein weiteres Mal eine auf Abschreckung beruhende Politik.

„Die Urteilsbegründung, wonach Asylbewerbern ein Mindestmaß an Eigengestaltung des häuslichen Lebens fehle, dass sie keine Arbeit annehmen dürften, Sozialhilfe bezögen und in extremer Enge untergebracht würden, gibt zwar die faktische und rechtliche Situation wieder", so PRO ASYL. „Es hätte nahegelegen, diese Praxis als unmenschlich anzuprangern, statt sie als rechtens vorauszusetzen."

Die Feststellungen von Organisationen für Aussiedler, nach denen viele von ihnen, soweit sie ähnlich katastrophal wie Flüchtlinge untergebracht würden, unter Minderwertigkeitsgefühlen litten, als selbstmordgefährdet anzusehen wären und leicht erregbar seien, zeige, was Asylbewerbern ebenfalls, nur hier nach Recht und Gesetz, angetan werde.


18.7.1989

Sommertheater auf dem Rücken der Flüchtlinge beenden!

Einen eindringlichen Appell an das Berliner Abgeordnetenhaus sowie an Politiker aus dem Bundesgebiet, das Berliner Sommertheater auf dem Rücken der Flüchtlinge zu beenden, richtet die bundesweite Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL.

Scharf verurteilte Wolfgang Grenz, einer der Sprecher von Pro ASYL, die Berliner Diskussionen als Versuch, „im Sommerloch die Asyldiskussion hoch zu putschen." Dies leite „völlig überflüssig neues Wasser auf die Mühlen der Rechtsradikalen."

Die Berliner Asylweisung gäbe endlich Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisengebieten, die ohnehin nicht abgeschoben würden, einen sicheren Aufenthaltsstatus. Dies sei ein Akt der Menschlichkeit und verdiene Lob statt Kritik. Auch ehemalige Straftäter müssten vor Gefahren für Leib und Leben bewahrt werden. Deshalb sei die Bewährungsduldung für ehemalige Straftäter eine angemessene Lösung.


2.7.1989

AKTION GEGEN SPRACHHETZE:
„Flüchtling" statt „Asylant"

Flüchtlinge von jetzt an als „Flüchtlinge" und nicht mehr als „Asylanten" zu bezeichnen, fordert die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL die BürgerInnen, PolitikerInnen und Medien auf. Damit unterstützt PRO ASYL die Aufrufe der Deutschen Postgewerkschaft und die Aktionen der Briefträger gegen rechtsextreme Postwurfsendungen.

Der in die Alltagssprache eingesickerte Begriff „Asylant" sei vor mehr als zehn Jahren in die Medien lanciert worden, um Flüchtlinge zu Nicht-Flüchtlingen zu machen. „Asylant" stehe in seiner abwertenden Verwendung heute für „Scheinasylant" und „Schmarotzer". Sprachlich gehöre der Begriff in die Reihe von „Ignorant", „Simulant" und „Spekulant".

Eine bewusste und ausschließliche Verwendung des Begriffs „Flüchtling" für alle Menschen, die aus Diktaturen, Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten in die Bundesrepublik fliehen, wäre ein wirksamer Akt der Sprachkultur gegen radikale Sprachhetze, so PRO ASYL-Sprecher Herbert Leuninger. Damit könne ein Begriff, der in das Wörterbuch des Unmenschen gehöre, aus der Umgangssprache wieder ausgemerzt werden.


25.6.1989

Ernteeinsatz keine Therapie
Arbeitsverbot für Flüchtlinge generell aufheben!

„Spargelstechen und Erdbeerpflücken können nicht die seelischen Schäden heilen, die das fünfjährige Arbeitsverbot für Asylbewerber anrichtet!", so beurteilt Herbert Leuninger, der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL den Plan der Bundesregierung de-facto-Flüchtlinge ab nächstes Jahr auf Felder und Bäume zu lassen.

Auch wenn angesichts der trostlosen Lage der Flüchtlinge jede Arbeitsmöglichkeit zu begrüßen sei, so Leuninger, erneuere PRO ASYL die Forderung, das mehrjährige und menschenunwürdige Verbot einer geregelten Tätigkeit für Asylbewerber und de-facto-Flüchtlinge abzuschaffen. Jeder, der mit Flüchtlingen befasst sei, wisse um die verheerenden psychischen Folgen einer erzwungenen Untätigkeit.


23.6.1989

Betr.: Weisung der Berliner Senatsverwaltung für Inneres über „Die Neuregelung der aufenthaltsrechtlichen Situation von ehemaligen Asylantragstellern und von Ausländern ohne Rückkehrmöglichkeit"

MAßSTÄBE EINER NEUEN FLÜCHTLINGSPOLITIK!

„Die Weisung des Berliner Innensenats zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Mehrheit der abgelehnten und von Ausweisung bedrohten Asylbewerber setzt neue Maßstäbe in der Flüchtlingspolitik", so beurteilt die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL die neue Regelung aus Berlin. Damit werde eine der zentralen Forderungen erfüllt, die das bisher ungewisse Schicksal der meisten Flüchtlinge auf eine neue Grundlage stellt. Die einmalige Bedeutung dieser rot-grünen Vereinbarung liege nicht nur darin, so PRO ASYL – Sprecher Herbert Leuninger, dass Flüchtlinge in stärkerem Maß als bisher vor Abschiebung sicher seien, sondern dass ihnen mit einer Aufenthaltserlaubnis eine Perspektive für ihr Leben eröffnet werde.

„Die Berliner Neuregelung ist eine Ermutigung für alle, die eine bessere Asylpolitik fordern", so Herbert Leuninger. Sie sollte ein Beispiel für alle anderen Bundesländer sein, um eine humane Asylpolitik, die nicht mehr auf Abschreckung und Abschiebung abstellt, zu betreiben.


24.4.1989

SCHÄUBLES ERSTER STREICH:
Anschlag auf Verfassung

„Mit einem Anschlag auf die Verfassung startet der neue Bundesinnenminister Schäuble seinen Amtsantritt". So wertet die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL Schäubles Forderung, das Grundrecht auf Asyl per Gesetz einzuschränken.

Dies würde, so Pro ASYL - Sprecher Herbert Leuninger, ein Grundrecht aus dem Kernbereich der Verfassung dem einfachen Gesetzgeber überantworten. Die verheerenden Erfahrungen der jüngsten Zeit zeigten aber, dass das Asylrecht damit zum Spielball von Mehrheiten würde, die nicht davor zurückschreckten, Flüchtlinge zu Sündenböcken der Gesellschaft zu machen.

So gehe Schäuble von der völlig unbewiesenen These aus, bei der kommenden Freizügigkeit in der EG kämen alle in den anderen Ländern abgewiesenen Asylbewerber in die Bundesrepublik.

Dagegen spricht

  • die äußerst niedrige Anerkennungsquote bei Asylbewerbern in der Bundesrepublik,
  • die Tatsache, dass die Mitgliedsstaaten der EG die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet haben. Dadurch müssen in den anderen Ländern mehr Asylbewerber als in der Bundesrepublik anerkannt werden. Seit 1982 gilt die Genfer Konvention in der Bundesrepublik nicht mehr als Grundlage des Anerkennungsverfahrens;
  • das fünfjährige Arbeitsverbot für Asylbewerber, ihre Unterbringung in Lagern, das Verbot der Freizügigkeit und die eingeschränkte soziale und gesundheitliche Versorgung;
  • die bisherige Erfahrung, dass mehr Flüchtlinge aus der Bundesrepublik in andere europäische Länder gehen als umgekehrt.

13.4.1989

Aufatmen für Flüchtlinge?
PRO ASYL über Ressortwechsel Zimmermanns erleichtert

Mit Erleichterung reagiert PRO ASYL, die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge auf die Übernahme des Bundesinnenministeriums durch den bisherigen Kanzleramtsminister Wolfgang Schäuble. Auch wenn dieser erst kürzlich einen Gesetzesvorbehalt für Artikel 16 Grundgesetz gefordert habe, erhofft PRO ASYL, dass Schäuble die gegen die Flüchtlinge gerichtete Kampagne seines Vorgängers Zimmermann beendet und eine humanere Asylpolitik einleitet. „Vielleicht dürfen die Flüchtlinge jetzt aufatmen", so Herbert Leuninger, der Sprecher von PRO ASYL.

Damit das Aufatmen aber nicht nur eine Verschnaufpause wird, erwartet PRO ASYL vom neuen Bundesinnenminister u.a. folgende asylpolitischen Entscheidungen:

  • Keine Änderung des Grundgesetzes!
  • Harmonisierung des Grundgesetzes mit den weitergehenden
  • Verpflichtungen der Genfer Flüchtlingskonvention!
  • Keine Visapflicht für Kinder aus Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten!
  • Keine Abschiebung abgelehnter Asylbewerber in Kriegs- und Bürgerkriegsgebiete!
  • -Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für abgelehnte Asylbewerber, die in der Bundesrepublik bleiben dürfen!

5.4.1989

Gemeinsame Presseerklärung von terre des hommes Deutschland und PRO ASYL
Visapflicht für Kinder - Mauer gegen Unmündige

Frankfurt/Osnabrück. Das Kinderhilfswerk terre des hommes und die Flüchtlingsorganisation PRO ASYL verurteilen die Einführung der Visapflicht für Kinder bis 16 Jahren. Den verzweifelten Schritt vieler Eltern, ihre Kinder vor Verfolgung, Folter, Verwundung und Tod zu retten, werde in eiskalter Berechnung ein Riegel vorgeschoben. Tausende Kinder seien in den Krisengebieten der Welt Opfer von Folter, von staatlichen Übergriffen und Menschenrechtsverletzungen. Zehntausende würden willkürlich verhaftet, in Gefängnisse gesperrt, verschleppt, ermordet und hingerichtet. Kinder müssten die Folterungen ihrer Eltern mit ansehen oder werden ihren Eltern, um sie zu erpressen, weggenommen. Nach Angabe des Hohen Flüchtlingskommissars – so die beiden Organisationen – seien über sechs Millionen Kinder auf der Flucht. Nur einem Bruchteil von ihnen sei es bisher gelungen, in die Bundesrepublik zu gelangen. Dies solle nun rigoros verhindert werden.


10.2.1989

An die Leitungen der Evangelischen und Katholischen Kirche In Hessen
Betr.: Glockenläuten zum Schutz der Flüchtlinge

Sehr geehrter Herr Erzbischof Dyba!
Sehr geehrter Herr Kirchenpräsident Spengler!
Sehr geehrter Herr Bischof Jung!
Sehr geehrter Herr Bischof Kamphaus!
Sehr geehrter Herr Bischof Lehmann!

PRO ASYL ersucht Sie in Vertretung der stimmlosen Flüchtlinge dringend darum, in allen Gemeinden die Glocken zu den Sonntagsgottesdiensten fünf Minuten länger läuten zu lassen als Protest gegen den menschenunwürdigen Missbrauch wehrloser Asylbewerber zu Wahlkampfzwecken.

Sollten Sie geeignetere Formen sehen, die Anwaltsfunktion für die Flüchtlinge wahrzunehmen, bittet PRO ASYL Sie diese zu wählen.

PRO ASYL hat den Hessischen Ministerpräsidenten Dr. Walter Wallmann in einem Offenen Brief bereits darum gebeten, die Asylpolitik aus dem Kommunalwahlkampf herauszunehmen.

Mit vorzüglicher Hochachtung!
(Herbert Leuninger)
Sprecher von PRO ASYL


31.1.1989

AUFRUF über die Medien
An alle Führenden und in der Öffentlichkeit bekannten Persönlichkeiten
Aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur
Aus den Kirchen, Gewerkschaften, Humanitären Organisationen,
Medien, Verbänden und Sportbünden.
Aus dem Geistesleben und dem Erziehungsbereich.

PRO ASYL ruft Sie auf:

IHRE STIMME DEN STIMMLOSEN!
INTERVENIERN SIE BEI DER BUNDESREGIERUNG!

Bestärken Sie die Regierung darin,

  • dem nationalistischen Wahn keinerlei Tribut zu zollen:
  • das Ausländer- und Asylrecht nicht zu verschärfen,
  • politische Probleme nicht auf wehrlose Minderheiten abzuwälzen und
  • die Fremden und Flüchtlinge nicht zu Sündenböcken der Nation zu machen.

Die Mehrheit der Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten verdient den vollen Schutz dieser Republik. Es ist mittlerweile ungeheuer schwer geworden, als politisch Verfolgter anerkannt zu werden. Dennoch dürfen nach offizieller Auskunft der Bundesregierung 60% aller abgelehnte Asylbewerber aus humanitären, rechtlichen und politischen Gründen in der Bundesrepublik bleiben. Sie als „Wirtschaftsflüchtlinge" zu denunzieren, ist eine Irreführung der Öffentlichkeit und verstärkt die Abwehr in der Bevölkerung.

Wenn mittlerweile fast die Hälfte der Asylbewerber aus Polen und Jugoslawien kommt, ist dies eine Folge der durch die KSZE-Schlussakte von Helsinki gewährten Freizügigkeit. Es handelt sich hier um eine politische Frage.

Die Bundesrepublik hat mit der Aufnahme der Aussiedler einen hohen Standard der Humanität erreicht. Er darf bei den Fremden und Flüchtlingen nicht auf*s Spiel gesetzt werden.

PRO ASYL bittet den Bundeskanzler seine Richtlinienkompetenz im og. Sinne wahrzunehmen.

Herbert Leuninger, Sprecher von PRO ASYL


27.1.1989

EUROPA - FLUCHTBURG STATT FESTUNG

Am Parlament und an der Öffentlichkeit vorbei betreibt die Bundesregierung den Umbau Europas. Statt die EG als Fluchtburg für asylsuchende Menschen zu belassen, soll sie zu einer Festung gegen Flüchtlinge ausgebaut werden.

Die mit anderen EG-Staaten zusammen geplanten Abschottungsmaßnahmen widersprechen nicht nur dem Geist des Grundgesetzes und der Genfer Flüchtlingskonvention sondern auch dem ausdrücklichen Willen des Europäischen Parlaments. Dieses fordert eine großzügigere Haltung gegenüber Asylsuchenden. Es verweist darauf, dass nur ein verschwindend geringer Teil der Flüchtlinge in der Welt nach Europa komme. Durch Missachtung des Europäischen Parlaments degradiert die Bundsregierung die kommende Europawahl zur reinen Farce.

Im Sinne

  • des Europäischen Parlaments,
  • der Genfer Flüchtlingskonvention und
  • des Grundgesetzes

fordert die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL die Bundesregierung auf,

  • die zwischenstaatlichen Geheimverhandlungen auszusetzen und
  • mit der Europäischen Kommission ein neues asylfreundliches Konzept zu erarbeiten.

Dies muss jedem Asylbewerber die Gewähr bieten, in eines der Länder der EG zu gelangen. Seinen Asylantrag zu stellen und diesen in einem rechtsstaatlichen Verfahren prüfen zu lassen.

„Harmonische" Einschränkungen der Visaerteilung, Bestrafung von Fluggesellschaften für den Transport von Flüchtlingen ohne gültige Reisedokumente und ein Informationsaustausch, der den Datenschutz verletzt, wären unerträgliche Missklänge in einem freien und reichen Europa.


1988

 

Presseerklärungen

1990